„Ihr bildet drei Trupps!“, sprach die Übungsleiterin. „Im Keller ist ein Unglück passiert. Suchtrupp Keller geht jetzt runter und erkundet die Lage. Ihr bleibt über eure Funkgeräte in Kontakt und nehmt die Übung ernst. Es soll eine Simulation sein!“
Trupp 1 und 2 standen noch neben dem geöffneten Gerätekraftwagen (GKW) – wartend auf neue Anweisungen. Wenige Minuten nachdem Suchtrupp Keller seine Position eingenommen hatte, kam ein Notrufsignal über unsere Funk-Rufgruppe. Unsere Führungskraft schickte gleich zwei Leute des Trupp 1 los um zu schauen, was da los war. Als ihr auffiel, dass die Helfer kein Funkgerät bei sich trugen, schickte sie noch einen mit Funkgerät hinterher.
Doch leider zu spät: Die beiden waren in ein imaginäres Loch gestürzt und waren nun schwer verletzt. Damit war Trupp 1 außer Gefecht und Trupp 2 bereitete sich auf die Rettung vor: Sanitätstasche, Bergungsbeil, persönliche Schutzausstattung…, alles dabei?!?
Die Führungskraft schickte uns los: „Diesmal vorsichtiger! Nur bis zur Tür und tastet euch dann langsam vor!“
Der Keller war stockfinster. Eine Lampe leuchtete noch in der hintersten Ecke. Die verwundeten Helfer von Trupp 1 waren noch ansprechbar und konnten schnell rausgeholt werden. Sie konnten sagen, dass ein Helfer direkt neben dem Loch lag, in das sie gestürzt waren.
Ein gesicherter Helfer tastete sich langsam immer weiter zum Verletzten vor: „Bist du verletzt?“ Er half ihm auf die Beine und brachte ihn an die Tür des eingestürzten Kellers. Es roch nach Gas. Schnell legte man mir den Arm des Verletzten um die Schultern. Er wankte neben mir die Treppe hoch und ich federte jede Bewegung ab, die ihn hätte stürzen lassen. Er war stark benommen und rief immer wieder: „Lamy und Tim sind noch da drin! Lamy und Tim sind noch da drin!“ Mein Adrenalinpegel stieg. Lamy und Tim waren Helfer vom Suchtrupp Keller. Bis dahin hatte es sich noch nach einer Übung angefühlt, doch überzeugt von der Ernsthaftigkeit meiner Kameraden, fühlte sich die Situation mit jedem Moment realer an.
Nachdem der erste Helfer in Sicherheit war, ging ich wieder runter ins Dunkle. Ich hatte keine Ahnung, wo sie sein könnten. Es war wieder stockfinster. Der durch Leinen und Gurte gesicherte Helfer hatte sich mittlerweile weiter vorgetastet. Ich wartete nicht lange als er den zweiten Verunglückten fand. Lamy lag unter Tischen. Ihm war kalt. Wir forderten über Funk eine Decke an. Er war ansprechbar, aber konnte nicht gehen. Ich blieb bei ihm und hielt seine Hand. „Wo sind die anderen?“, fragte er, „Geht es ihnen gut?“ Lamy war benommen. Ich wusste ja nicht, wie es seinem Kameraden oben ging und einer wurde noch vermisst. „Einer deiner Freunde wird verarztet, dem geht es bald besser. Der andere wird gerade gesucht, dann bringen wir den auch schnell zum Arzt. Alles wird gut!“ Es fühlte sich nach einer Lüge an. Jemand brachte mir eine Krankentrage.
Ich stützte Lamy, damit er auf die Krankentrage kam. Ich legte eine Decke um ihn und sicherte ihn zusammen mit meinem Kameraden auf der Krankentrage. „Gleich bist du hier raus!“ Ich war froh, dass ich ihn gleich in Sicherheit wusste. Auch Tim hatten wir kurz danach gefunden. Er hatte ein stark gebrochenes Bein und war erst nicht ansprechbar. Schnell hatten wir aber alle da raus. Welch große Erleichterung das ist!
Nun nur noch alle Materialien zurück auf den GKW, Auswertung der Übung und Erklärung der Totmann-Funktion des Funkgerätes. So kann ein ganz normaler Mittwoch im OV Berlin-Mitte aussehen.
Stephanie Zinsch; Fachhelferin
Foto: THW